AutorInnen-Interviews

Mit unseren AutorInnen-Interviews stellen wir Ihnen neue und bekannte AutorInnen des Karl-Mahnke-Verlages vor, um Ihnen die Menschen hinter unseren Stücken ein wenig näher zu bringen. Heute stellen wir Ihnen Autorin Gabriele Kögl vor.

Gabriele Kögl im Interview

(10.08.2020)


Wie sind Sie zum Schreiben gekommen? Was reizt Sie besonders am Schreiben?


In meinem Elternhaus gab es keine Bücher. Nur das Jagdlexikon meines Vaters und die Bibel. Daran musste ich mich bedienen, wenn ich lesen wollte. Später wünschte ich mir zu Weihnachten und zum Geburtstag ein Buch. Die waren aber schnell ausgelesen, deshalb musste ich selber Geschichten schreiben, damit ich etwas zu lesen hatte.
Mich fasziniert, dass ich im Tun des Schreibens auf Ideen komme, die ich mir vorher nicht hätte ausdenken können. Als würden die Bewegungen der Finger das Gehirn antreiben, damit es zu produzieren anfängt. Am schönsten ist ein Tag, wenn ich nach getaner Schreibtat sagen kann: Ich hätte mir nicht gedacht, dass ich so etwas schreiben würde. Diese Selbstüberraschung gelingt mir leider nicht jeden Tag, aber wenn sie da ist, macht sie mich sehr glücklich.

Neben Ihrem Studium an der Filmakademie Wien haben Sie ein Lehramtsstudium an der Religionspädagogischen Akademie in Graz absolviert. Findet sich dieses Studium auch in Ihren Stücken bzw. Werken wieder?

Als Kind las ich die Bibeltexte wie Märchen. Durch das Studium kam die Exegese dazu. Ich habe gelernt, wie genau man auf einen Text schauen und wie viel man aus einem Text herauslesen kann, wenn man sich intensiv mit ihm beschäftigt. Und es hat mich beeindruckt, wie einfach archaische Geschichten erzählt werden, die eine allgemeine, Jahrtausend alte Gültigkeit haben. Aber die Exegese hat mir auch viel über das Wesen von Klerikern erzählt, die sehr gut darin ausgebildet werden, zu interpretieren und sich Bibelstellen so zurechtzulesen, wie es ihrem Charakter und ihren Wünschen entspricht. Und im Endeffekt werden sie in ihrer Selbstwahrnehmung von Gott gelenkt, weil sie doch nur tun, wofür sie sich in diversen Bibelstellen die Berechtigung holen. Im Guten wie im Schlechten. Das ist bestimmt auch in mein Höllenkinder-Stück eingeflossen.

Wenn Sie ein Stück schreiben, wie nähern Sie sich einem Thema, einer Geschichte? Gibt es so etwas wie Vorbereitungs-/Kreativrituale?

Ja, täglich, Tee kochen, Laptop öffnen, Tee trinken, und weitermachen. Und löschen,
wenn es mich nicht überzeugt, was ich am Vortag geschrieben habe, oder korrigieren
oder mich freuen, wenn es mir auch am nächsten Tag noch als gelungen erscheint.

Wie kamen Sie auf die Idee zu HÖLLENKINDER?

Ich hatte eine Großtante, die als Frau vom Land in ihrer einfachen Sprache seltsame Dinge erzählte, die mich beschäftigten und auf die ich mir einen Reim zu machen versuchte. Meinen Reim dieser seltsamen Geschichten habe ich in den Höllenkindern niedergeschrieben. Dabei ging es mir auch sehr darum, mit der reduzierten Sprache der alten Frau zu arbeiten und die Gedanken aus ihrer Erlebniswelt zu verwenden. Erstaunlich finde ich auch das Feedback, das ich immer wieder zu jenem Teil der Geschichte bekomme, wie Eltern und Großeltern sich weigern, ihre Geburtstage zu feiern und von Kindern und Enkelkindern genötigt werden, es zu tun. Dies dürfte ein häufiger auftretendes Phänomen sein, als ich vor der Geschichte vermutet hatte.

Sie schreiben Romane, Erzählungen, Theaterstücke und Hörspiele? Für welches Genre schreiben Sie am liebsten?

Immer für das, an dem ich gerade arbeite. Ich habe nie Auftragsarbeiten geschrieben. Somit suche ich mir für die jeweilige Geschichte jene Form aus, die mir dafür am passendsten erscheint.

Wie sieht Ihr Tages- oder Wochenprogramm als Autorin aus?

An fünf Tagen in der Woche schreibe ich täglich, an den Wochenenden versuche ich viel zu lesen und zu schauen, was die anderen so machen.

Die Frage, die SchauspielerInnen – zumindest in Deutschland – oft gestellt wird, ist Folgende: „Und was machen Sie hauptberuflich?“ Diese Frage möchte ich Ihnen nicht stellen, aber: Können Sie allein vom Schreiben leben?

Ich lebe von meiner Autorinnentätigkeit. Manchmal recht, manchmal schlecht. Aber bis jetzt konnte ich mich mit Preisen, Stipendien, Lesungen und Honoraren durchschlagen. Mal sehen, wie das in Corona-Zeiten weitergeht.

Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade schreiben?

Ins Theater, ins Kino und zu Lesungen gehen. Ich interessiere mich sehr für das, was meine Kollegenschaft macht, und schätze auch den Gedankenaustausch. Und leide momentan sehr unter den Einschränkungen. Ein Theaterstück gehört auf der Bühne gesehen und ein Film im Kino. Alles andere ist ein Surrogat.

Liebe Frau Kögl, vielen Dank für Ihre Zeit und die Einblicke, die Sie in Ihr Leben und Ihre Arbeit gewährt haben.


(Das Interview führte Fabian Joel Walter.)